Vor bald 78 Jahren, am 27. Januar 1945, befreiten sowjetische Truppen das Konzentrationslager Auschwitz. Das deutsche Regime hatte in dieser Todesfabrik unfassbare 1,1 Millionen Frauen, Männer und Kinder vernichtet.

Staatsoberhäupter, Überlebende und ihre Nachfahren geloben immer wieder, vergleichbare Verbrechen und Gräuel dürften sich nie mehr wiederholen. Diese Botschaft soll auch Jugendliche erreichen.

Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) organisierte kürzlich gemeinsam mit der Plattform der Liberalen Juden der Schweiz eine Bildungsreise für Lehrerinnen und Lehrer ins KZ in Polen.

Die Exkursion stiess auf reges Interesse: 75 Pädagogen nutzen die Gelegenheit, das Symbol des deutschen und damit auch europäischen Zivilisationsbruchs zu besuchen und sich den Grausamkeiten zu stellen, die das eigene Fassungsvermögen überschreiten.

Auschwitz und der Massenmord an den Jüdinnen und Juden bleibt historisch betrachtet ein unvergleichbares Verbrechen in der Menschheitsgeschichte. Was sich ändert, ist der politische Umgang mit dieser Tragödie – auch in der Schweiz.

Lange schien der Ort des Terrors weit weg. Erst im Zuge der 1978 ausgestrahlten amerikanischen TV-Serie «Holocaust – die Geschichte der Familie Weiss», die auch hierzulande ausgestrahlt wurde, setzte bei vielen erstmals das Bewusstsein ein, welche Horror-Taten damals begangen wurden.

2005 kam es zum grossen Streit um die Erinnerung. Nach den Diskussionen um die nachrichtenlosen Vermögen in den neunziger Jahren versuchte der damalige Präsident des jüdischen Weltkongresses, Israel Singer, die Schweiz wegen ihrer Neutralitätspolitik des Holocaust-Verbrechens zu bezichtigen. Die Wogen über diese Aussagen gingen hoch. Sie beruhigten sich erst, als Ex-SIG-Präsident Alfred Donath sich schützend vor die Schweiz stellte. Die Anschuldigungen seien «unakzeptabel».  

Seit dieser Auseinandersetzung hat sich viel getan. «Die Debatte hat sich gelöst – auf allen Seiten», sagt Jonathan Kreutner, Generalsekretär des SIG auf der Reise nach Auschwitz zur Weltwoche. Tatsächlich gibt es heute eine neue Sachlichkeit im Umgang mit diesem schwierigen Thema. Das zeigte sich bei der Forderung nach einem Ort der Erinnerung und der Vermittlung dieser schrecklichen Zeit.

In beiden Kammern hatten Alfred Heer (SVP) und Daniel Jositsch (SP) eine gleichlautende Motion eingereicht, die den Bundesrat dazu aufruft, einen Gedenkort zu schaffen. Der Nationalrat und der Ständerat nahmen den Vorstoss ohne Gegenstimme an. «Das Memorial soll zur Erinnerung dienen, aber vor allem auch Lehren für die Gegenwart und die Zukunft aufzeigen», erklärt Kreutner.  

Zur Entkrampfung beigetragen hat sicher, dass heute ein breiter Konsens über die Schweizer Flüchtlingsgeschichte herrscht. Es gab hierzulande sicher Menschen, die den verfolgten Schutz und Hilfe anboten. Gleichzeitig wurden Schutzsuchende, meistens Jüdinnen und Juden, an der Grenze aber zurückgewiesen und ihrem Schicksal überlassen. Diese Übereinstimmung in der Bewertung der Geschichte hilft, dass nicht wie früher sofort die Emotionen überhandnehmen, wenn das Thema Holocaust und Schweiz zur Sprache kommt.  

Der neue Umgang zeigt sich auch beim diskutierten Verbot von Nazi-Symbolen. Dass der Hitler-Gruss oder das Schwenken von Flaggen mit Hakenkreuzen in den beiden Täter-Staaten Deutschland und Österreich längst verboten sind, ist nachvollziehbar. In der Schweiz wurde wegen der anderen historischen Erfahrungen und mit Bezug auf die Meinungsfreiheit bis heute darauf verzichtet. Die Aargauer Mitte-Nationalrätin Marianne Binder-Keller hat einen neuen Anlauf genommen und fordert mit einer Motion das Verbot von Nazi-Symbolen. Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus hat eine Stellungnahme verfasst. Sie spricht sich für ein Verbot von rassistischen Emblemen aus. Der Bundesrat lehnt ein solches Verbot allerdings immer noch ab.  

Genauso wie bei der Forderung des Bündner SP-Nationalrats Jon Pult, im Zuge der Debatte um die Sammlung Emil Bührle im Zürcher Kunsthaus eine unabhängige Raubkunst-Kommission einzusetzen. Der Bundesrat reagierte differenziert. Er sei einverstanden, ein solches Gremium aufzustellen. Die Rahmenbedingungen dessen Einsatzes müssten aber noch eingehend diskutiert werden. 

Die Beispiele illustrieren, dass die Schweiz heute einen veränderten Umgang mit dem Thema Holocaust und Auschwitz gefunden hat. Den Opfern dieser Zeit nützt das nichts mehr. Aber es trägt hoffentlich dazu bei, dass in der Schweiz das Bewusstsein gestärkt wird, zu welchen Taten Menschen fähig sind, und dass eine Gesellschaft immer wachsam bleiben muss.

Die 3 Top-Kommentare zu "Eine Exkursion von Schweizer Lehrern nach Auschwitz zeigte, wie sich unser Umgang mit dem Holocaust verändert hat"
  • oazu

    Richtig so, aber dann werden die nicht weniger grausamen Mord-Orgien eines Lenin's genauso eingeordnet, der bis heute einen "Helden-"Status bei den Linken hat und von dem sogar noch "Gedenkstätten" mit Schrifttafeln bis heute an Gebäuden in Zürich hängen. Genauso müsste als Offizialdelikt verboten werden, sich Maoistisch oder Stalinistisch als Bezeichnung auch nur in den Mund zu nehmen. Diese 3 genannten "Figuren" verantworten bis zu 100 Millionen Tote durch irhe ideologische Staatsgewalt.

  • Nurse

    Ob Memorials das Lernen aus der Geschichte foerdern? Musste gerade heute daran denken wie eine Frau, einer anderen den Sitz neben sich verweigerte, weil sie keine Maske trug. Ich war die einzige Person im Bus welche reagierte und ihr den Platz neben mir anbot.

  • kostas

    Sie sollten sich das Gendern sparen, bis dort las ich es. Artikel mit Genderschwachsinn sind Luft für mich.