Die Ratingagentur S&P (Standard & Poor’s) hat Frankreichs Kreditwürdigkeit Ende Mai 2024 von AA auf AA− zurückgestuft. Damit bleibt das Land zwar kreditwürdig, aber viele Investoren werden Frankreich nun doch unter Beobachtung stellen, denn es ist kein Ende des Abwärtstrends in Sicht.

Als Grund dafür wurde eine vorhersehbare weitere Verschlechterung der Verschuldungsquote in den nächsten Jahren angeführt. In der bisher siebenjährigen Amtszeit von Präsident Macron seit Mai 2017 haben die französischen Staatsschulden um 28 Prozent von 2254 Milliarden Euro auf 3101 Milliarden zugelegt, was rund 48.000 Euro pro Kopf oder 200.000 Euro bei vierköpfigen Familien entspricht. Dass die Verschuldungsquote dennoch von 65,2 auf 64,3 Prozent leicht gesunken ist, verdankt die Regierung vor allem der Inflation. Seit 2017 haben die Franzosen immerhin rund 22 Prozent an Kaufkraft eingebüsst.

2027 soll Frankreich allein für die Zinszahlungen 5 Prozent des BIP aufwenden müssen. Der IMF erwartet 2027 eine Verschuldungsquote von 114 Prozent, was sogar noch über der Einschätzung von S&P mit 112 Prozent liegt.

In offiziellen Verschuldungszahlen sind die hohen staatlichen Garantien an Industrie- und Bankunternehmen von 355 Milliarden (2022) noch nicht enthalten. Auch das nur mickrige Wirtschaftswachstum und der Zerfall der Parteienlandschaft geben S&P zu Sorgen Anlass. Macrons Privatisierungs- und Steuersenkungs-Projekte haben nicht zum erhofften Durchstarten der Wirtschaft geführt.

Die nächsten Präsidentschaftswahlen finden am 1. April 2027 statt, und die Umfragewerte von Ende Mai 2024 sind für Macron alles andere als ermutigend. Das Rassemeblement National von Frontfrau Marine Le Pen liegt mit 33 Prozent klar vor Macrons «Ensemble» mit 15 und den Sozialisten mit 14 Prozent. Die Linken («France insoumise») kommen wie die bürgerlichen Republikaner auf je 7 Prozent.

Im Parlament verfügt Macron über keine Mehrheit. Die Opposition ist denn auch nicht bereit, die für die Budgetsanierung notwendigen mindestens 20 Milliarden Euro Kürzungen mitzutragen und diskutiert zwei Misstrauensanträge. Aber der Präsident kann Beschlüsse des Parlaments in Budgetfragen, wie schon bei der Rentenreform erlebt, übergehen.

Die Finanznöte Frankreichs sind wohl auch der Grund, weshalb Präsident Macron versucht, so viele Grossfinanzierungen wie möglich der EU anzuhängen, beispielsweise nach den Programmen für den ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft (750 bis 1000 Milliarden) auch die Aufrüstung Europas (100 Milliarden) und wohl auch den Wiederaufbau der Ukraine (600 bis 1000 Milliarden).

All diese Umgehungsaktionen lösen aber das Grundproblem Frankreichs nicht, nämlich, dass die Staatsausgaben untragbare 57 Prozent des BIP ausmachen (2020 sogar 61 Prozent).

Abgesehen von ein paar kleinen Inselstaaten weist Frankreich mit 57 Prozent hinter Dänemark die höchste Staatsquote unter den 185 vom IWF statistisch erfassten Ländern auf.

Zum Vergleich: Schweiz Platz 63 mit einer Staatsaugabenquote von 33 Prozent. Oder anders ausgedrückt: Die frei verfügbaren Einkommen betragen nur noch 43 Prozent des BIP.

Damit sind auch die Möglichkeiten, mit Steuererhöhungen den Schuldenberg abzutragen, beschränkt. Die französische Regierung wird zwar wohl die Olympischen Spiele im Sommer dazu nutzen, ihr Land nochmals als Vorzeige- und Tourismusdestination weltweit zu vermarkten, aber auch diese PR wird den Abstieg der Grande Nation nicht stoppen können.