Der Bundesrat hat gestern erwartungsgemäss Martin Schlegel auf Vorschlag des Bankrats der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zum Nachfolger von Thomas Jordan ins SNB-Präsidium gewählt. Wieder einmal wurde die Chance verpasst, mit der Wahl eines externen Kandidaten etwas mehr Realitätsnähe an die SNB-Spitze zu bringen.

Keiner der heutigen SNB-Führungscrew verfügt über Führungserfahrung in der Privatwirtschaft. Dies trifft auch für die übrigen Neubesetzungen des Direktoriums zu. Die SNB-Seilschaften haben wieder einmal das Eindringen von praxiserprobten Outsidern der Wirtschaft in den Elfenbeinturm verhindert.

Auch Martin Schlegel gehörte zu jener Führungsriege, die von den Schweizer Sparern zwölf Milliarden Franken Negativzinsen abkassierte, obwohl das SNB-Gesetz die Untergrenze für die Verzinsung der Bankeinlagen klar bei null festgelegt hat. Mit der Neubesetzung mit einem externen Kandidaten hätte sich die Gelegenheit eröffnet, dieses Fehlverhalten zu korrigieren, ohne das Gesicht zu verlieren. Eigentlich wäre es Sache des SNB-Bankrates, die Einhaltung der Gesetze und der internen Regulierungen und Vorschriften zu überwachen. Warum er die Missachtung des SNB-Gesetzes im Falle der Negativzinsen tolerierte, ist bis heute nicht geklärt.

Es gibt aber weitere Schwachpunkte der SNB, die schon längst ausgebügelt werden müssten. Die Transparenz über die Geldpolitik ist im Vergleich zu den übrigen führenden Notenbanken der Welt immer noch ungenügend. Die Publikation der Sitzungsprotokolle ist weltweit längst Usanz, aber die SNB-Gewaltigen fürchten wohl, dass dann einige ihrer Überlegungen in die Kritik geraten könnten.

Die Überwachung des Finanzplatzes, so zeigt der Fall der Credit Suisse, war ungenügend. Die SNB ist mitverantwortlich, denn ihr obliegt die makroprudenzielle Überwachung. Wenn man Probleme erkennt, dann ist rasches Eingreifen und keine Verzögerungstaktik gefragt.

Die Publikation der Bankenstatistiken ist in den letzten Jahren immer dürftiger und weniger aussagekräftig geworden. Nun will man aus Rücksicht auf die Börse sogar die detaillierten Zahlen der Gruppe Grossbanken nicht mehr offenlegen, weil diese Bankenkategorie nur noch eine Bank, nämlich die UBS, umfasse und damit börsenrelevante Informationen indirekt erhältlich wären. Dafür beschäftigt man sich mit digitalem Notenbankgeld und der Nachhaltigkeit, die dem einzelnen Bürger wohl ausser Kosten nichts bringen werden.

Die Milliardenverluste der SNB werden zwar immer wieder durch Gegenbewegungen an den Devisen- und Zinsmärkten gemildert, aber die Anlagepolitik der letzten Jahre war alles andere als glücklich. Insbesondere die Verkäufe der «nicht mehr benötigten Goldbestände» zu Schleuderpreisen oder die politische Einflussnahme zur Abwehr der SVP-Goldinitiative haben der Schweiz massiv geschadet, denn in beiden Fällen wurden zweistellige Milliardengewinne vertan.

Aber vielleicht ergreift der neue starke Mann an der SNB-Spitze doch die Chance, die SNB wieder auf Vordermann zu bringen, wozu auch die Eindämmung der sehr hohen Löhne und des starken Wachstums der Belegschaft gehören.

Etwas mehr Bescheidenheit wäre angebracht, denn es ist ein Irrtum, zu glauben, die Franken-Stärke und die geringe Inflation seien das ausschliessliche Verdienst der SNB. Vielmehr sind es unsere innovative, konkurrenzfähige Wirtschaft mit ihren fleissigen, produktiven Mitarbeitenden und die politische Stabilität, die unserer Währung den Rücken stärken.

Die 3 Top-Kommentare zu "Nichts Neues im Elfenbeinturm: Mit Martin Schlegel als neuem SNB-Chef verpasst es der Bundesrat, einen externen Kandidaten mit Realitätsnähe an die Spitze der Schweizerischen Nationalbank zu bringen"
  • herby51

    Das ist gefährlich.Wenn er aus der Wirtschaft kommt besteht die Gefahr dass er den Franken schwächt.Es wäre von der WW super mal sich zu informieren ob da wieder die USA dahinterstecken.Also BlackRock und co.wenn dem so wäre, ist es der endgültige Untergang der Schweiz.

  • Kaiser Nero

    Werter Herr Kaufmann. Wie immer guter Artikel. Ich habe Sie schon zu Zeiten als Julius Bär Chefökonom sehr geschätzt.

  • stevenswissneu

    Allzu meckernder Kommentar des Herrn Kaufmann. Alles in allem war die SNB-Politik gut, bezw deutlich weniger schlecht als die EZB oder das FED. Gemessen am Goldpreis machen zwar alle Notenbanken eine jämmerlich lausige Falle, doch ersparten sie damit Deflation und Rezessionen. Zu hoffen ist, dass der neue Chef gegenüber der Politik nicht allzu biegsam sein wird. Zweifel bestehen.