Wenn wir unsere Planeten beobachten, sehen wir nur das Sonnenlicht, das reflektiert wird: Sonnensystem.
Bild: adventtr / Getty Images
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Der Brennstoff aus dem Urknall
Am Anfang führte Energie zur Entstehung von Materie, Raum, Zeit – und Wasserstoff. Dieses Element markiert zugleich den Anfang wie auch das Ende des Universums.
Am Anfang war Energie, und daraus entstand Wasserstoff. Dies ist ein Kurzbeschrieb des Urknalls entsprechend der gängigen Vorstellung. Etwas ausführlicher müsste man wohl sagen: Aus Energie entstanden zuerst exotisch tönende Elementarteilchen wie Quarks und Gluonen, dann aber sehr schnell stabile Teilchen wie Protonen, Neutronen und Elektronen. Damit wurde nicht nur Materie geschaffen, sondern auch Raum und Zeit. Raum und Zeit sind an Materie gebunden; ohne Materie also keine Zeit und damit kein Vorher, ohne Materie keinen Raum, also kein Aussen.
Das Universum war extrem heiss beim Urknall: Die Temperatur betrug zirka zehn Billionen Grad Celsius. Durch die schnelle Ausdehnung kühlte es dann ab, bis nach 300 000 Jahren bei 2700 Grad Celsius aus Protonen und Elektronen die ersten Wasserstoffatome entstanden. Aller Wasserstoff, den wir heute im Universum haben, stammt direkt aus dieser Phase. Es gibt keine zweite Quelle. Nebst Wasserstoff entstand auch ein Teil des schweren Wasserstoffs (Deuterium), bestehend aus einem Proton, einem Neutron und einem Elektron. Und Helium, bestehend aus zwei Protonen, ein bis zwei Neutronen und zwei Elektronen. Noch heute machen Wasserstoff (ca. 90 Prozent) und Helium (ca. 9,9 Prozent) zusammen 99,9 Prozent der Anzahl Atome im Universum aus.
Das Universum sichtbar gemacht
Astronomisch gesehen, bald, das heisst nach zirka 200 Millionen Jahren, entstanden die ersten Sterne. In diesen riesigen Gaskugeln nähern sich Atome durch Gravitation einander an, bis sie durch Kernverschmelzung (Nukleosynthese, Kernfusion) zu immer schwereren Atomen mutieren. Bei Wasserstoffatomen spricht man landläufig von Wasserstoffbrennen, auch wenn das nichts mit Verbrennen zu tun hat – es braucht dazu keinen Sauerstoff. Das Wasserstoffbrennen bringt die Sterne zum Leuchten und macht das Universum sichtbar. Den wunderschönen Nachthimmel, mindestens bei klarem Wetter und weg von der Lichtverschmutzung unserer Zivilisation, und die Sicht auf Millionen Sterne und unsere Milchstrasse verdanken wir also dem Wasserstoff. Dieses Wasserstoffbrennen bringt auch unseren Stern, die Sonne, zum Leuchten, liefert die nötige Energie, um die Erdoberfläche und die Atmosphäre warmzuhalten, sowie die Energie, dass Pflanzen wachsen und wir Menschen existieren können.
Nicht nur die Sonne besteht vorwiegend aus Wasserstoff, sondern auch unsere Riesengasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Allerdings ist selbst Jupiter nicht gross genug, dass die Gravitationskraft die Wasserstoffatome genügend verdichten kann, damit es zu Wasserstoffbrennen kommt. Und so leuchten eben unsere Planeten nicht. Wenn wir Planeten beobachten, sehen wir nur das Sonnenlicht, das reflektiert wird. Die kleineren Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars sind nicht gross genug, um Wasserstoff als Wasserstoffgas (H2) in der Atmosphäre zu halten.
Könnten wir den Wasserstoff im Erdinneren direkt nutzen, wäre unser Energieproblem gelöst.Alle chemischen Elemente, die schwerer sind als Lithium, stammen nicht aus dem Urknall, sondern aus Sternen. Durch das Wasserstoffbrennen und dann das Heliumbrennen entstehen Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff et cetera bis hin zu Eisen. Eisen ist das stabilste Element, wenn wir den Atomkern betrachten. Es ist somit nicht erstaunlich, dass die Erde relativ viel Eisen enthält. Schwerere Elemente entstehen in Sternexplosionen (Supernovae) oder bei Neutronensternkollisionen, wo die verfügbaren Energien deutlich höher sind als in einem normalen Stern.
Auch unsere Erde enthält Wasserstoff, wenn auch nicht als Wasserstoffgas in der Atmosphäre. Dieser ist bei uns – im Gegensatz zum Universum – bei weitem nicht das häufigste Element; die Rangliste nach Gewichtsprozent wird durch Sauerstoff angeführt, gefolgt von Eisen, Silizium und Magnesium. Die Erde hat viel von den sehr flüchtigen Elementen wie Wasserstoff, Helium und Stickstoff verloren, da ihre Gravitationskraft zu klein ist. Der irdische Wasserstoff ist hauptsächlich im Wasser (H2O), zum Teil auch in Methan (CH4) gebunden. Ein kürzlich in der Zeitschrift Science erschienener Artikel suggeriert allerdings, dass im Erdinnern relativ viel Wasserstoffgas (H2) in reiner Form existiert. Dabei handelt es sich um das Produkt von chemischen Reaktionen zwischen Wasser und Mineralien. Könnten wir diesen Wasserstoff direkt nutzen, wäre möglicherweise unser Energieproblem gelöst.
Die Sonne hat Halbzeit
Auch wir Menschen bestehen teilweise aus Wasserstoff, da wir zu 65 Prozent aus Wasser bestehen. Gewichtsmässig macht der Wasserstoff etwa 10 Prozent eines Menschen aus. Auch in uns ist Sauerstoff, der vorwiegend aus Supernovae stammt, das häufigste Element (ca. 62 Prozent nach Gewicht), gefolgt von Kohlenstoff aus den Überresten kleiner Sterne (ca. 22 Prozent). Wir bestehen also aus Sternenstaub, aus Überresten von Sternen, die längst nicht mehr existieren, aber auch aus Material, das direkt aus dem Urknall stammt.
Die Erde und unsere Sonne werden nicht ewig existieren. Die Sonne verbraucht rund 600 Millionen Tonnen Wasserstoff pro Sekunde, und das seit 4,6 Milliarden Jahren. Daraus entstehen 596 Millionen Tonnen Helium pro Sekunde. Die restlichen vier Millionen Tonnen pro Sekunde werden in Energie verwandelt. Im Moment hat die Sonne etwa Halbzeit. Das Wasserstoffbrennen wird noch ungefähr weitere vier Milliarden Jahre weitergehen und dann hauptsächlich von Heliumbrennen abgelöst werden. Dann allerdings ist der «Brennstoff» der Sonne am Ende, die Kernverschmelzung wird aufhören. Bis dahin wird die Sonne jedoch immer grösser und immer heller. Am Ende wird sie sich als Roter Riese Merkur, Venus und möglicherweise auch die Erde einverleiben. Dann wird sie sich zusammenziehen zu einem Weissen Zwerg, wo keine Kernfusion mehr stattfindet. Dieser Zwerg wird eine Weile schwach weiterleuchten, weil er noch sehr heiss ist. Das meiste Material wird die Sonne aber dann an ihre Umgebung abgeben.
In sehr ferner Zukunft wird dem Universum sein Brennstoff, der Wasserstoff, ausgehen.
Was in der Sonne passiert, passiert in den meisten Sternen. Nur sehr grosse Sterne werden nach relativ kurzer Zeit als Supernova explodieren. Alle anderen leuchten dank Kernfusion einige Milliarden Jahre und enden dann als Weisser Zwerg, bis sie gar nicht mehr zu sehen sind. Und das bringt uns zum Ende.
Das Problem liegt beim Universum. Ein System ist nicht nachhaltig, wenn es mehr Ressourcen verbraucht, als es schafft. Und genau das tut das Universum. Die Verschmelzung von Atomkernen zu immer schwereren Elementen ist eine Einbahnstrasse. Dieser Prozess kann nicht rückgängig gemacht werden. Wie anfangs gesagt, ist Wasserstoff ausschliesslich im Urknall entstanden. Damit ist klar, dass irgendeinmal, wenn auch in sehr ferner Zukunft, dem Universum sein Brennstoff, der Wasserstoff, ausgehen wird. Dann wird es im Universum immer dunkler. Das ist keine Hypothese, sondern kann bereits heute beobachtet werden. Schauen wir weit von uns entfernte Galaxien an, beobachten wir ihren Zustand in der Vergangenheit, da das Licht, das heute die Erde erreicht, vor langer Zeit ausgesendet wurde.
Dabei fällt auf, dass Galaxien vor zwei Milliarden Jahren doppelt so hell waren wie heute, und zwar in allen beobachtbaren Wellenlängen. Das heisst, dass das Universum in zwei Milliarden Jahren die Hälfte seiner Leuchtkraft verloren hat. Das wird so weitergehen, bis das Licht endgültig ausgeht. Das Material der erloschenen Sterne wird noch da sein, aber nichts wird mehr leuchten, und es wird extrem kalt.
Der Wasserstoff ist das A und O des Universums, der Ursprung aller übrigen Elemente, die Quelle von Energie, Licht, Wärme und Leben. Das Schicksal des Universums ist an den Wasserstoff gebunden, der den Anfang und das Ende des Universums markiert.
Kathrin Altwegg ist Professorin em. für Astrophysik an der Universität Bern.Altwegg betreute unter anderem das Weltraumprojekt Rosina, das mit der Sonde Rosetta der ESA verbunden war.
Sehr interessanter Artikel, Frau Altwegg! Das mit dem Anfang und Ende irritiert allerdings ein wenig, weil in der Natur eigentlich alles zyklisch abläuft, in Zyklen von mikrosekunden bis Milliarden Jahre. Wie Sie sagen, dürfte es am Ende nur noch schwarze Löcher geben, also nur noch superkompakte Materie. Damit diese wieder in reine Energie konvertiert wird, könnte ich mir vorstellen, dass es unter diesen extremen Bedingungen einen noch unbekannten Prozess oder Prozesse gibt, die das bewirken.
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Sehr interessanter Artikel, Frau Altwegg! Das mit dem Anfang und Ende irritiert allerdings ein wenig, weil in der Natur eigentlich alles zyklisch abläuft, in Zyklen von mikrosekunden bis Milliarden Jahre. Wie Sie sagen, dürfte es am Ende nur noch schwarze Löcher geben, also nur noch superkompakte Materie. Damit diese wieder in reine Energie konvertiert wird, könnte ich mir vorstellen, dass es unter diesen extremen Bedingungen einen noch unbekannten Prozess oder Prozesse gibt, die das bewirken.