Mit Blick auf eine drohende Strommangellage im Winter treffen Unternehmen dieses Jahr spezielle Vorkehrungen. Von der Apotheke bis zur Zürcher Kantonalbank.

Der Krieg in der Ukraine und der damit verbundene Engpass auf dem Energiemarkt könnten auch Auswirkungen auf die Stromversorgung in der Schweiz haben. Auf jeden Fall warnt der Bundesrat schon seit einiger Zeit vor einer drohenden Strommangellage im kommenden Winter. Mit einer pomadigen Sensibilisierungskampagne und hilflosen Stromspartipps von Simonetta Sommaruga (zu zweit duschen) wird versucht, den Verbrauch zu senken.

Fakt ist, dass die Gefahr von Stromausfällen gegenwärtig so hoch ist wie noch nie in den vergangenen Jahrzehnten. Nebst der Prüfung von Sparmöglichkeiten gilt es für Unternehmen jeder Grösse, sich für den Fall der Fälle ernsthaft mit Vorsorgemassnahmen auseinanderzusetzen.

Notleuchten und Notstromaggregat

Zum Beispiel in der Apotheke Stadelhofen in der Stadt Zürich ist man darauf vorbereitet, sollten während der Öffnungszeiten plötzlich die Lichter ausgehen. Wie Inhaber Rudolf Andres sagt, «geben unsere batteriebetriebenen Notleuchten in allen Räumen genug Licht für die Orientierung und signalisieren gleichzeitig die freien Wege nach draussen». Zudem sei der Server mit einer unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) ausgerüstet, damit es zu keinen Datenverlusten komme.

Würde es zu Netzabschaltungen kommen, müsste der Bahnbetrieb eingestellt werden.

Allerdings würden bei einem abrupten Stromausfall die Kassenbildschirme für die Erfassung der Kundinnen- und Kundendaten ausfallen sowie der Medikamentenroboter stillstehen. «Eine Auslagerung von Medikamenten ist damit nicht mehr möglich, ebenso wenig die Übermittlung von Medikamentenbestellungen», sagt Rudolf Andres.

Auch für Medikamente, die kühl gelagert werden müssen, hat die Apotheke Vorkehrungen getroffen. So bleibt bei einem Stromausfall der Medikamentenkühlschrank geschlossen, wodurch die Temperatur während rund zwei Stunden unterhalb von 8 Grad Celsius verharrt. «Und für Ausfälle, die länger dauern, haben wir ein kleines Notstromaggregat im Innenhof», erklärt Rudolf Andres. «Wir hatten im Raum Bellevue vor einigen Jahren bereits längere Stromausfälle von bis zu 1,5 Stunden.» Dabei habe er festgestellt, dass nach etwa zehn Minuten niemand mehr in die Apotheke kam und sich die meisten Leute nach einer Stunde zu Fuss auf den Heimweg machten.

«In einer solchen Situation werden wir unsere Kundschaft mit Schildern am Eingang über die Lage orientieren. Unsere Mitarbeiterinnen bleiben aber bis Ladenschluss in den mit LED-Notleuchten erhellten Räumen der Apotheke.» Bei einem Ausfall über mehrere Tage wäre die Apotheke nur über einen Eingang zugänglich und nur während einiger Stunden offen. «Da in einem solchen Fall weder gekühlt noch geheizt werden könnte und im Winter Frostgefahr besteht, wären unsere Medikamente zum Teil rasch unbrauchbar, das gilt vor allem für die Insuline und Impfstoffe», sagt Rudolf Andres.

Szenarien vorbereiten

Die Zürcher Kantonalbank beobachtet und analysiert die aktuelle Situation und die Entwicklungen kontinuierlich und bereitet sich schon seit einiger Zeit auf mögliche Szenarien vor. Dazu wurde eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe von Spezialisten zusammengestellt, um frühzeitig auf mögliche Szenarien vorbereitet zu sein. Gemäss den Aussagen von Mediensprecher Andreas Dürrenberger hat die Bank in diesem Zusammenhang verschiedene Vorgehensweisen erarbeitet. «Dazu gehören die Nutzung von bereits vorhandenen Notstromanlagen und Einsparungen beim Stromverbrauch», wie er sagt. Für Bancomaten gelte generell in der Schweiz, dass sie nur bei bestehender Notstromversorgung und ohne Unterbruch der Netzwerkverbindung ohne Ausfälle weiterbetrieben werden könnten. Grundsätzlich setze die ZKB alles daran, die Dienstleistungen für die Kundinnen und Kunden immer aufrechtzuerhalten.

Die Gefahr von Stromausfällen ist gegenwärtig so hoch wie noch nie in den vergangenen Jahrzehnten.

Für die Verkehrsbetriebe der Stadt Zürich (VBZ) bedeutet eine Energiemangellage ein Risikoszenario, mit dem man sich schon seit Jahren auseinandersetzt. Wie Daniela Tobler, Leiterin der VBZ-Medienstelle, auf Anfrage sagt, erhöhe sich aktuell aus bekannten Gründen die Wahrscheinlichkeit für eine drohende Stromlücke im Winter. «Um darauf bestmöglich vorbereitet zu sein, intensivieren sich die Anstrengungen auf verschiedenen Ebenen innerhalb der VBZ, der Stadt Zürich und in der Branche. Leider können wir zu keinen weiteren Details Auskunft erteilen.»

Auch bei den SBB wird schon länger über das Thema einer Energiemangellage diskutiert. Wie es dort heisst, waren zusammen mit dem Verband öffentlicher Verkehr (VöV) die Ergebnisse der nationalen Risikoanalyse vom Jahr 2020 zum Anlass genommen worden, um die Auswirkungen einer Strommangellage zu vertiefen und Handlungsbedarf abzuleiten. Seit Anfang 2021 besteht laut Martin Meier, SBB-Mediensprecher, ein systematischer und direkter Austausch mit den zuständigen Bundesämtern und Institutionen. Im Dezember 2021 beauftragte der Vorstand des VöV die Erarbeitung eines Minimalstandards für Bedarfssenkungen bei Strommangellagen für die gesamte ÖV-Branche.

Vorbereitungsmassnahmen einleiten

Wie bei der ZKB haben auch die SBB, die im Personen- und Güterverkehr als systemrelevant gelten, mit der Einsetzung einer Arbeitsgruppe auf eine mögliche Energiemangellage reagiert. Vertreterinnen und Vertreter aus den ganzen SBB kümmern sich dabei intensiv um dieses Thema. Die Arbeitsgruppe ist eng im Austausch mit jener vom Bund, gibt Aufträge in die Organisation und stellt als Bindeglied die Abstimmung mit dem Bund sicher. Dabei werden die Risiken einer Strom- oder Gasmangellage intensiv, systematisch und im direkten Austausch mit den zuständigen Bundesämtern und Institutionen bearbeitet. Die SBB werden vom VöV begleitet. «Im Moment sind wir daran, gemeinsam mit der Branche und mit dem Bundesamt für Verkehr entsprechende Konzepte zu entwickeln und auf ihre Machbarkeit zu prüfen», sagt Martin Meier. Im Fokus der Bemühungen stehe das Ziel, in Abstimmung mit den zuständigen Behörden und der Branche konkrete Vorbereitungsmassnahmen einzuleiten.

Mit welchen Auswirkungen hätten allenfalls die Kundinnen und Kunden der SBB zu rechnen? Um die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Schienenverkehrs aufrechterhalten zu können, ist eine zuverlässige, sichere Versorgung mit elektrischer Energie unabdingbar. Deshalb hätte gemäss Angaben der SBB eine Strommangellage direkte Folgen für den Betrieb des hochtechnisierten Bahnsystems. «Die SBB sind auf zwei verschiedene Stromarten angewiesen, damit die Züge bewegt werden können: Das ist einerseits der Bahnstrom in der Fahrleitung (16,7-Hz-Strom) und anderseits der Haushaltsstrom für die Bahntechnik (50-Hz-Strom)», erklärt Martin Meier.

Weil dieses System ohnehin schon auf hohe Energieeffizienz getrimmt sei, gebe es nur noch geringes Sparpotenzial. Aus diesem Grund würden weitere Sparanstrengungen sehr schnell und direkt für die Kundschaft zu spüren sein. «Sollte gar der Bund die Begrenzung des Stroms verordnen, dann müsste als sofortige Reaktion das Bahnangebot wie in der Corona-Zeit stufenweise reduziert werden.» Und wenn es in letzter Konsequenz zu Netzabschaltungen kommen sollte, von denen die SBB betroffen sind, müsste der Bahnbetrieb eingestellt werden.

Eigene Stauseen füllen

Die SBB, die zu 90 Prozent Wasserkraft nutzen, sind aber darum bemüht, das Bahnangebot auch in einer Mangellage bestmöglich aufrechtzuerhalten. Deshalb sollen die eigenen Stauseen, mit denen Strom produziert wird, möglichst gut gefüllt sein, um bei einer Mangellage darauf zurückgreifen zu können. «Handkehrum müssen die SBB wegen dieser Strategie die Stromlücke mit Ersatzenergie füllen – zu hohen Preisen am Markt, was sich im Jahresergebnis niederschlagen wird», sagt Martin Meier. Ausserdem haben die SBB Massnahmen eingeleitet, um über das ganze Unternehmen hinweg weniger Gas und Strom zu verbrauchen. Rund 15 Prozent des Gasverbrauchs sparen die SBB beispielsweise ein, indem die Gebäude weniger geheizt werden. Zusätzlich werden gewisse Anlagen von Gas auf Öl umstellt, obwohl dies ihre CO2-Bilanz verschlechtert. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden von den SBB zum Energiesparen angehalten und bekommen die Massnahmen direkt zu spüren, denn in den Bürogebäuden werden die Beleuchtung und die Heizung reduziert sowie das Warmwasser abgestellt. Und auf die Beleuchtung von Fassaden und Logos wird verzichtet.

Die 3 Top-Kommentare zu "Wenn plötzlich der Strom ausfällt"
  • redtable

    Wenn der Strom ausgeht dann ist klar: Es war Putin.

  • Edals

    Lieber Herr Baumann. Die Energiekrise hat am Wenigsten mit dem Ukraine-Krieg zu tun. Es ist die jahrelange falsche und von ideologischen Lügen getriebene Politik, die das verursacht hat. Hier bei uns in der Schweiz! Auch, weil wir den Deutschen jeden Schmarren nach machen. Wenigstens in der Weltwoche sollten die Tatsachen nicht verdreht werden. Dafür sorgen schon unsere Staatsmedien!

  • Schweizer-im-Ausland

    Wenn der Strom ausgeht, besteht die Hoffnung, dass noch ein paar verirrte Links-Rot-Grüne Seelen zur Erkenntnis kommen und wieder vernünftig denken und wählen.