Die US-amerikanische Schauspielerin Eva Longoria macht ernst: Im Magazin Marie Claire erklärte sie, der erneute Wahlsieg von Donald Trump sei der Hauptgrund für ihre Entscheidung, Amerika dauerhaft zu verlassen. «Die Vereinigten Staaten sind für mich zu einer Schreckensvision geworden», sagte die 49-Jährige, die künftig in Mexiko wie auch in Spanien leben möchte.
Longoria, bekannt aus der TV-Serie «Desperate Housewives», hatte bereits vor der Wahl Trumps eine Abkehr aus den USA in Aussicht gestellt. Besonders die Wiederwahl eines «verurteilten Straftäters», der «so viel Hass versprüht», habe sie geschockt. Die Schauspielerin zeigt sich betroffen über die politische Entwicklung in ihrem Heimatland: «Ich habe immer gedacht, wir wählen die Besten. Aber ich lag falsch.»
Ihr Abschied fiel ihr nicht schwer, da sie und ihre Familie schon in den letzten Jahren nur selten in ihrer Villa in Los Angeles gelebt hätten. Longoria zeigte allerdings Mitleid mit ihren Landsleuten, die «in diesem dystopischen Land festsitzen».
Für die Medien war die erneute Wahl von Donald Trump ein Desaster. Statt nüchtern und neugierig zu berichten, haben sie Partei ergriffen für Kamala Harris und obsessiv gegen Trump Stellung bezogen.
Das Resultat würdigen sie deshalb nicht als demokratisches Faktum und als Ausdruck des Volkswillens, sie erleben es als persönliche Katastrophe, als Schock, als Waterloo. Erste Hilfe ist angesagt, Gruppentherapie für eine entgeisterte Branche.
Eigentlich dürfte man erwarten, dass ein solches Erlebnis einen Lernprozess auslöst – hin zu etwas mehr Bescheidenheit, mehr Neugierde, mehr Verstehen-Wollen, mehr Phänomenologie, mehr Vielfalt.
Fehlanzeige.
Aufgerappelt aus dem Kater der Wahlnacht, bläst die Gilde weiter zum Angriff, als wäre nichts geschehen. Das zeigt sich dieser Tage an Trumps Ernennungen, heissen sie nun Tulsi Gabbard, Matt Gaetz, Elon Musk oder Robert F. Kennedy Jr.
Man schaudert, man schäumt, man schiesst. Und dabei kommt es nicht einmal darauf an, ob es eine NZZ, ein Tages-Anzeiger, ein SRF, eine ARD oder eine FAZ ist. Im Blindtest würde man kaum einen Unterschied feststellen.
Was haben sich denn die Kollegen gedacht? Soll Trump etwa nicht eine Mannschaft bestellen, die seine Vision – die Vision der Wähler – von Amerika teilt? Würden sie auch so reagieren, wenn Harris gewonnen hätte und nun ihr Team zusammenstellte?
Natürlich nicht. Die Frage ist rhetorisch.
Die Republikaner sichern sich nach dem Senat nun auch die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Der «beeindruckende» Sieg von Donald Trump ist nun «komplett», meldet das Schweizer Fernsehen.
Die Hürde von 218 Sitzen wurde gemäss amerikanischen Nachrichtensendern überschritten, Trump und seine Partei haben im Kongress nun umfassende Einflussmöglichkeiten.
Am 20. Januar 2025 wird Trump seine zweite Amtszeit antreten.
Es wurde mit harten Bandagen und Tiefschlägen gekämpft, doch das ist in US-Wahlkämpfen nichts Neues. Einzigartig war jedoch eine veritable Flut von Strafverfahren gegen Trump, welche die Agenda bestimmten. So rein zufällig just in der heissen Phase des Wahlkampfes.
Die Verfahren hatten auch inhaltlich eine Gemeinsamkeit: Sie stanken penetrant nach Politik. Ob man die Schweigegelder an die Erpresserin Stormy Daniels als verwerflich, die in Mar-a-Lago gelagerten Geheimdokumente als Staatseigentum, Trumps Verhalten beim Sturm aufs Kapitol als aufwieglerisch, die Aufblähung seines Vermögens als unredlich oder sein Verhalten nach der Wahlniederlage 2020 als staatsgefährdend einstuft, das sind keine juristischen Fragen. Sondern politische.
Nicht von Ungefähr gibt es in Demokratien die Immunität für Amtsträger. Weil uns die Geschichte gelehrt hat, dass die Gewaltentrennung nicht nur die Justiz vor politischen Übergriffen schützt, sondern auch die Politik vor juristischen Übergriffen. Eine Erfahrung, die viele vergessen haben.
Juristen mögen einwenden, man solle ihnen die Abgrenzung von Justiz und Politik getrost überlassen. Wenn Trump unschuldig sei, würde er am Ende freigesprochen. Man mag auf dieses Versprechen vertrauen oder auch nicht. Die Juristerei ist keine exakte Wissenschaft, gerade in politischen Fragen ist das Ermessen gross. Doch die eigentliche Perfidität solcher Politprozesse liegt im Verfahren an sich. Es bindet Aufmerksamkeit und Ressourcen, kann einen Kandidaten finanziell ruinieren. Und wenn dann mal ein rechtsgültiges Urteil vorliegt, ist der Mist längst geführt.
Für einmal haben sich die Politjuristen ins eigene Knie geschossen. Mit jeder Anklage und mit jeder Verurteilung stiegen Trumps Umfragewerte. Nicht weil die Amerikaner ein Volk von Kriminellen wären oder das Verbrechen tolerierten. Sondern weil sie das schmutzige Spiel durchschauten.
Nichts ist verheerender für den demokratischen Rechtsstaat als eine Justiz, die das Vertrauen und den Respekt der Rechtunterworfenen verloren hat. Sie ist die grosse Verliererin dieser Wahl. Eine Lektion, die sich Juristen und Politiker weltweit zu Herzen nehmen sollten.
Nach der US-Präsidentschaftswahl greifen zunehmend Frauen zu drastischen Mitteln, um ihren Frust über die politische Lage auszudrücken: Sie verweigern Männern, die für Donald Trump gestimmt haben, den Sex.
In sozialen Netzwerken, insbesondere auf Tiktok, trendet das sogenannte 4B movement, dabei rufen Frauen dazu auf, auf Sex, romantische Beziehungen, Heirat und Kinder mit Trump-Wählern zu verzichten. Die Bewegung sieht sich als Protest gegen die Wahlentscheidung vieler amerikanischer Männer und will eine klare Botschaft an republikanische Unterstützer senden, berichtet 20 Minuten.
Unter dem Hashtag #4B (für bisekseu, biyeonae, bihon und bichulsan – Koreanisch für Sexverzicht, Verzicht auf heterosexuelle Beziehungen, Hochzeit und Kinder) solidarisieren sich Frauen, indem sie öffentlich Statements posten und persönliche Geschichten teilen.
Eine Tiktok-Userin erklärte etwa, dass sie sich nach der Wahl von ihrem republikanischen Freund getrennt habe und nun offiziell das 4B movement unterstütze. Andere Frauen planen symbolische Gesten wie das Tragen blauer Freundschaftsarmbänder, um sich sichtbar von Trump-Wählerinnen zu distanzieren.
Im Wahlkampf hatte es sich abgezeichnet, in der Wahlnacht verdichtete es sich: Der neue und alte US-Präsident Donald Trump dürfte in der einen oder anderen Form auf die Dienste des Überunternehmers Elon Musk und des Anti-Establishment-Polit-Adligen Robert Kennedy Jr. setzen.
Das passt zu Trump. Beide sind, wie der Präsident selbst, erfolgreich, aber unangepasst. Originelle Charaktere, die sich nicht scheuen, anzuecken. Dieses Trio ist das pure Gegenteil dessen, was man sonst unter Vertretern der Staats- und Verwaltungsmacht versteht. Sind das Gegenteil von grauen Herren.
Musk könnte Trump dabei helfen, das Staatswachstum zu bremsen, die Regulierungswut zu stoppen, Amerika von bürokratischen Fesseln zu befreien. Dieses Unternehmer-Tandem, dieser Dual-Motor, um in Tesla-Sprache zu sprechen, könnte im besten Falle der amerikanischen Wirtschaft einen Boost verleihen, der allen Schichten zugutekommt.
Robert Kennedy Jr. wiederum hat Trump in seiner Siegesrede bereits die Aufgabe zugedacht, «Amerika wieder gesund zu machen». Das ist deshalb so bemerkenswert, weil Kennedy einer der schärfsten Kritiker der autoritären, menschenverachtenden staatlichen Corona-Massnahmen und der experimentellen «Impfung» war.
Natürlich müssen sich die drei Musketiere, sofern es wirklich zu einer Zusammenarbeit kommt, zuerst beweisen. Aber die Chance, die Hoffnung besteht, dass Amerika wieder zum Vorkämpfer und Vorbild der Freiheit wird, zu einem Ort, an dem die Möglichkeiten, wenn nicht unbegrenzt, so doch wieder grösser sind als unter dem linken Demokraten-Ideal eines Lenkungs- und Nanny-Staats, der die Bürger wie unmündige Kinder behandelt.
Nach dem überwältigenden Wahlsieg schreibt Donald Trump in Windeseile ein neues Kapitel in der US-Geschichte.
Er ernennt mit Susie Wiles zum ersten Mal eine Frau für den Posten des Stabschefs.
Wie hiess es noch im Wahlkampf? Trump fürchte sich vor «starken» und «intelligenten» Frauen? Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie hohl und frauenfeindlich diese Behauptung der Demokraten war, Trump hat sie eben geliefert.
Mit Susie Wiles stellt Trump eine «Tätschmeisterin» an seine Seite, die er als «zäh, klug, innovativ und von allen bewundert und respektiert» beschreibt.
Wiles war zuvor Co-Kampagnenleiterin seines Wahlkampfteams. Bei der Siegesfeier in Palm Beach Dienstagnacht holte Trump Wiles ans Mikrofon. Doch sie weigerte sich zu sprechen. «Susie hält sich gerne im Hintergrund», sagte Trump. «Ich sage euch, das Eisbaby. Wir nennen sie das Eisbaby», sagte Trump.
Jetzt tritt die 67-jährige Frau mit der «Gugelhopf-Frisur» definitiv aus Trumps Windschatten. Der Stabschef ist der ranghöchste politische Posten im Weissen Haus. Wiles wird die Tagsgeschäfte koordinieren, ist dauernd um den Präsidenten und kann grosse Macht und Einfluss ausüben.
Gehandelt für den Job wurde auch eine andere Frau: Brooke Rollins, die Präsidentin des «America First Policy Institute», das ein detailliertes Logbuch für die neue Regierung verfasst hat.
Am Tag nach dem Wahlsieg beobachtete die Weltwoche Rollins mit dicken Aktenbündeln unter dem Arm in den Gemächern von Mar-a-Lago, wo der frischgewählte Präsident mit Hochdruck sein neues Team zusammenstellt.
Kurz darauf fielen die Würfel für Wiles. Offenbar hat sich über Nacht Widerstand gegen Rollins aufgebaut. Ehemalige Mitarbeiter kritisieren, es fehle ihr an Teamfähigkeit.
Ganz anders Wiles. Sie gilt als loyale Weggefährtin, die mit Trump seit vielen Jahren zusammenarbeitet.
Der Kongress-Abgeordnete Matt Gaetz aus Florida sagte einmal über Wiles: «Die Welt von Trump ist dynamisch, unbeständig und innovativ und verändert sich ständig, und Susie ist the rock – der Fels in der Brandung.»
Für den Spiegel war die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ein «Faustschlag ins Gesicht», für die Zeit «ein Wirklichkeit gewordener Albtraum». Die Süddeutsche Zeitung ist sicher: «Nichts, was er vorhat, wäre gut für die USA und die Welt». Und die NZZ konstatierte noch vor Wahlabschluss, Trumps Sieg wäre «ein Sicherheitsrisiko».
Die Journalisten im deutschsprachigen Raum haben offenkundig nicht mit diesem Ausgang gerechnet und sind nun im Tal der Tränen gelandet. Ebenso wie ihre Leser, denen seit über acht Jahren Trump als Dämon vorgeführt wird. So lange, bis die Medien selbst und ihr Publikum überzeugt waren, dass die Amerikaner das ebenso sehen.
Wie ein roter Faden taucht in der Nachberichterstattung mal wortwörtlich, mal zwischen den Zeilen diese Frage auf: «Wie konnte das nur passieren?» Der Spiegel gibt eine Antwort, die an der Unabhängigkeit der Medien zweifeln lässt: Der Glaube an Kamala Harris, «seien wir ehrlich, war doch nur Wunschdenken».
Auf den Schrecken folgt die Zukunftsangst. «Was könnte Trump planen?», fragt sich die «Tagesschau», als würde sie über die düsteren Absichten eines Bond-Bösewichts sinnieren. Die Süddeutsche macht sich Gedanken über die psychische Verfassung ihres Publikums und liefert «Acht Tipps, die jetzt der Seele helfen».
In unfreiwilliger Selbstironie beklagt sich der Spiegel, nun werde man vier weitere Jahre dauernd das Gesicht von Donald Trump auf den Titelseiten anschauen müssen. Dabei dürfte es weltweit keine Publikation geben, die Trump so oft aufs Cover gesetzt hat wie das Nachrichtenmagazin aus Hamburg.
Schon 2016 hiess die Spiegel-Schlagzeile nach der ersten Trump-Wahl: «Das Ende der Welt». Dieses trat bekanntlich nicht ein. Aber immerhin kann man das Titelbild nun noch einmal verwenden.
Der frischgewählte US-Präsident Donald Trump nahm umgehend Kontakt zu europäischen Staatschefs auf, um die Krisenherde wie die Ukraine und den Nahen Osten zu besprechen. In ersten Gesprächen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Keir Starmer signalisierten die beiden europäischen Politiker den Wunsch nach enger Zusammenarbeit, wie das Onlinemagazin Politico berichtet. Macron betonte, wie wichtig es sei, in enger Abstimmung mit den USA an gemeinsamen europäischen Zielen zu arbeiten.
Macron und Trump, die laut Angaben des Elysée-Palastes ein «sehr gutes Gespräch» führten, einigten sich darauf, in «engem Kontakt» zu bleiben. Die Haltung Trumps zur Ukraine-Frage hat in Europa allerdings bereits für Aufsehen gesorgt: Trump plant, militärische Hilfen für Kiew stark einzuschränken, und signalisiert eine Präferenz für Verhandlungen mit Russland, um den Konflikt zu beenden. Macron hingegen pocht auf die europäische Verantwortung und sieht die Entwicklung als Weckruf für eine stärkere Eigenständigkeit der EU.
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj meldete sich bei Trump, um die bestehende Zusammenarbeit zu betonen und auf die Unterstützung der USA zu setzen; die Weltwoche berichtete.
Neben Macron und Selenskyj suchten auch Italiens Premierministerin Giorgia Meloni und Grossbritanniens Premier Keir Starmer das Gespräch mit Trump, um potenzielle Kooperationen zu diskutieren. Beide drückten den Wunsch nach einer stabilen internationalen Ordnung aus, besonders in Anbetracht der angespannten Lage im Nahen Osten.
Ja, gehört sich denn das?
Gratulieren Staatschefs einander nicht zur erfolgreichen Wahl, auch wenn sie sich nicht grün sind?
Warum also verweigert Wladimir Putin Donald Trump den Glückwunsch? Hatten die Demokraten in den USA nicht immer gesagt, dass die beiden best buddies sind?
Sind sie nicht, waren sie nie und werden sie auch nimmer sein.
Müssen sie auch nicht, Hauptsache, sie respektieren einander, diskutieren auf Augenhöhe und schliessen Vereinbarungen ab.
Dazu trägt Putin jetzt bei. Er ist nicht darauf angewiesen, so sein Signal, dass der neue Präsident den Krieg und damit auch den Aderlass für Russland beendet.
Putin zeigt Stärke, und das ist eine Sprache, die Trump versteht. Er nimmt jene ernst, die stark auftreten, nicht jene, die kuschen – wie das die Europäer wieder tun werden.
So wie es aussieht, gibt es nicht mehr nur den Putin-Versteher Trump, sondern auch den Trump-Versteher Putin.
Donald Trumps Comeback bei den amerikanischen Präsidentschaftswahlen sorgt in den meisten Redaktionsstuben für lange Gesichter. Die meisten Journalisten haben – hüben wie drüben – auf Kamala Harris gesetzt.
Die Berichterstattung war über weite Strecken keine Berichterstattung mehr, sondern Teil eines religiöse Züge annehmenden, chiliastisch anmutenden Endzeitgemäldes: Hier der «Teufel» Trump, dort die «Erlöserin» Harris, hier der finstere «Faschist», dort die wandelnde Freiheitsstatue.
Mit Journalismus im Sinne eines nüchternen, faktenbasierten Zugangs zur Realität und eines harten, aber fairen Ringens um die besseren Argumente hat das wenig zu tun. Ein Berufsstand hat gerade die eigene Bankrotterklärung unterschrieben.
Umso interessanter ist eine Botschaft dieser Wahlen: Die Bürger lassen sich offensichtlich nur bedingt durch die Medien beeinflussen. Sie spüren, wenn es höhlelet und klappert, wenn sich die Rhetorik überschlägt.
Auch der ganze Aufzug der medial gepushten Prominentenparade von Jennifer Lopez über Eminem und Taylor Swift bis Harrison Ford konnte die Wähler nicht von ihrer Überzeugung, von ihrer eigenen Realitätswahrnehmung abbringen.
Und die heisst: Die Amerikaner wollen mehr Sicherheit, weniger illegale Migration. Sie wollen tiefere Steuern und Ende Monat mehr Geld in ihrem Portemonnaie. Sie wollen mehr Frieden auf der Welt und weniger Militäreinsätze ihrer Jugend.
Die Macht der Medien ist also beschränkt. Die Demokratie lässt sich nicht nach Belieben aus den Redaktionen heraus steuern. Zum Glück.
Da war aber mal einer ganz schnell.
Eilfertig drängelte Wolodymyr Selenskyj nach vorne, um als einer der ersten Donald Trump zu gratulieren.
Eine der wenigen klugen Entscheidungen, die der ukrainische Staatschef letzthin traf. Man denke an den Einmarsch in Kursk.
Selenskyj braucht keine Fantasie, um sich auszumalen, wie es weitergeht. In seiner Siegesansprache versprach Trump erneut, Kriege zu beenden. Sein prahlerisches Versprechen, die Waffen in der Ukraine binnen 24 Stunden nach seiner Wahl schweigen zu lassen, wird er freilich nicht einhalten. Selenskyj kann aufatmen.
Aber seine Rhetorik hat er an die neuen Zeiten angepasst. Von seinem fantasievollen «Siegesplan» einer am Boden liegenden russischen Atommacht ist keine Rede mehr. Jetzt bittet er um einen gerechten Frieden.
Was gerecht ist, wird aber nicht er entscheiden, sondern Russland und die USA, vielleicht noch China.
Und die EU? Die hat keine geopolitische Rolle mehr und nur noch eine Aufgabe für die Zeit nach dem Krieg: Zahlen.
Wie das eben so ist mit Zeitenwenden.
Das Ergebnis der US-Wahl zerstört gleich vier wirtschaftliche Mythen.
Mythos Nummer eins: Die Märkte hassen Unberechenbarkeit
Das stimmt nicht. Denn hinter den ominösen «Märkten» stehen reale Menschen. Es sind Anleger, die rationale Entscheidungen treffen. Und sie haben heute für ein Kursfeuerwerk gesorgt, weil sie glauben, dass es mit Trump bei den unterschiedlichsten Anlageklassen nach oben geht. Die Weltanleger halten Trump nicht für unberechenbar, sondern so wie die Mehrheit der US-Wähler für einen, der ihnen mehr Geld ins Portemonnaie spült.
Mythos Nummer zwei: Trump ist erratisch
Das glauben die Anleger nicht. Sie haben genaue Vorstellungen davon, was der neue Präsident unterstützen wird und was nicht. Krypto-Währungen erleben am Tag nach der Wahl einen Boom. Der Bitcoin steigt um 8 Prozent und die derzeit angesagteste Kryptowährung Solana sogar um 14 Prozent. Die Tesla-Aktie von Trump-Freund Elon Musk geht mit einem Plus von ebenfalls 14 Prozent durch die Decke. Die deutschen Autowerte dagegen geraten unter Druck, weil allen klar ist, dass vor allem sie die Trump-Ankündigung höherer Zölle ausbaden müssen. Gold, das immer steigt, wenn die Unsicherheit gross ist, wackelt ein bisschen nach oben, ist aber nicht der Rede wert. Der Dollar ist leicht stärker, was alle widerlegt, die glauben, dass mit Trump und einer Verschuldungsorgie die Inflation zurückkehrt. Der Ölpreis zieht an, was an der Annahme der Anleger liegen dürfte, dass sie von einer brummenden Weltkonjunktur ausgehen.
Mythos Nummer drei: Für die Deutschen wird Trump eine Katastrophe
Die Anleger sind anderer Meinung. Der DAX startet munter im Plus. Grösster Gewinner ist der Rüstungskonzern Rheinmetall mit gut 10 Prozent, um die die Aktie nach oben schiesst. Dahinter steckt: Trump wird Deutschland die Einhaltung des Nato-Ziels verordnen und damit die Rüstungsausgaben steigen lassen. Die Futures auf die grossen US-Indizes wie den Dow Jones Industrial Average und den technologielastigen Nasdaq 100 ziehen deutlich an, was zeigt, dass auch an der Wallstreet gefeiert wird.
Mythos Nummer vier: Der US-Präsident steuert die Weltwirtschaft
Börsenhistoriker hat die Wahl nicht erschüttert. Sie haben gemessen, um wie viel sich die Börsen bisher nach oben oder unten bewegt haben, wenn ein republikanischer oder ein demokratischer Präsident die Macht übernahm. Ergebnis: Völlig egal. Unter beiden Parteien ging es stets solide nach oben. Eine Ausnahme macht nur der Republikaner George W. Bush, in dessen Amtszeit allerdings auch der Anschlag aufs World-Trade-Center in New York und der Börsencrash fiel, der durch die Immobilien- und Bankenkrise ausgelöst worden war. Ansonsten: Wachstum steckt in den Börsengenen. Das kriegt keiner klein.
Trump gewinnt die amerikanischen Präsidentenwahlen nach 2016 zum zweiten Mal: Nach North Carolina, Georgia und Pennsylvania erobert der 78-jährige Republikaner auch Wisconsin, den vierten von sieben swing states. Damit gehen weitere 10 Elektoren-Stimmen an Trump.
Mit 276 Stimmen übersteigt er die benötigten 270 Elektoren-Voten und ist neuer amerikanischer Präsident. Seine demokratische Gegnerin Kamala Harris hat derzeit 219 Stimmen und kann Trump nicht mehr einholen.
So, wie es im Moment ausschaut, schneidet Harris in allen swing states schlechter ab als Joe Biden vor vier Jahren, überraschenderweise auch in den urbanen Gegenden. Trump legte bei der jüngeren Bevölkerung und bei Latinos zu.
Das grösste Comeback der amerikanischen Geschichte ist Tatsache. Donald Trump ist zurück im Weissen Haus – und wie! Er grüsst als Phönix aus der Asche, nach zwei Mordversuchen, Amtsenthebungsverfahren und Tonnen von Gülle, die über ihn ausgeschüttet worden sind.
Nach vier Jahren der Lähmung, der Vergreisung, bietet sich ihm die Chance, Amerika aus dem Dämmerschlaf zu reissen und voranzubringen.
In seiner Siegesrede tönte er es an: Er will ein Präsident des Friedens sein, der Demokratie, der Freiheit. Er will die Grenze sichern, die illegale Migration eindämmen, aber die legale zulassen. Er will die Wirtschaft ankurbeln, die Steuern senken, den Wohlstand der Bürger anheben. Kurz – das sind seine Worte – ein «goldenes Zeitalter» Amerikas einläuten.
Sein Vizepräsident James David Vance sagte es so: Es ist nicht nur ein politisches Comeback, es soll auch ein Comeback der Wirtschaft geben.
Daran sollen alle teilhaben, egal, welcher Hautfarbe sie sind, egal, woher sie stammen. Trump betonte, ihn hätten auch muslimische, arabische, Latino-Amerikaner gewählt. Und natürlich schwarze. United colors of America.
Sie alle möchten, so drückte es der neue alte Präsident aus, ein sicheres, starkes, friedliches, prosperierendes Amerika. Der common sense, der gesunde Menschenverstand, habe triumphiert.
Tatsächlich: Mit Trump sind die einst elitären Republikaner zur einer Partei des Volkes und der Arbeiterklasse geworden.
Nun ist es an ihm und seinem Team, die Versprechen wahr zu machen. Die Chancen stehen gut: Trump gewinnt nach vier Jahren Unterbruch nicht nur die Präsidentschaft, die Republikaner haben nun auch wieder die ungeteilte Macht im Kongress. So lässt sich arbeiten.
Die grosse Verliererin dieses Abends ist Kamala Harris, sie tauchte sogar ab und sprach in der Nacht der Niederlage nicht einmal zu ihren Anhängern. Klasse sieht anders aus.
Die zweite Verliererin ist die Systempresse: Was haben die Medien – nicht nur in Amerika, vor allem auch bei uns – für ein einseitiges Bild der Kandidaten gezeichnet: «Erlöserin» Harris, «Teufel» Trump. Darunter ging’s nicht.
Die Amerikaner liessen sich davon nicht beeindrucken – eine reife Leistung. Und auch dies ein Sieg der Demokratie.
Einst galt für regierende Politiker eine eherne Regel: Wahlen in anderen Ländern kommentiert man nicht, und schon gar nicht die Kandidaten. Kann ja passieren, dass man mit ihnen zusammenarbeiten muss.
Nun ist es passiert, und Europas Präsidenten, Premiers und Kommissare dürfen ihre Worte herunterwürgen, die sie über den nächsten amerikanischen Präsidenten gesagt haben.
Donald Trump wird ohnehin kein leichter Partner sein. Das weiss man von seiner ersten Amtszeit. Man weiss auch, dass er ein langes Gedächtnis hat. Viel Spass in den nächsten vier Jahren.
Doch Schadenfreude verbietet sich. Mit ihrem losen Mundwerk haben Europas gewählte Regierungen so ihren Bürgern geschadet.
Aber die Politiker werden rasch die Kurve kriegen, werden um den neuen, alten Präsidenten herumscharwenzeln, wie sie das noch jedes Mal getan haben.
Denn es mangelt ihnen nicht nur an Manieren, sondern vor allem an Macht. Unter dem netten Joe Biden haben sich die Europäer zum Anhängsel der USA gemacht.
Der nicht so nette Donald Trump wird es sie spüren lassen.
Schon vor dem Feststehen des definitiven Schlussresultats hat sich Donald Trump in einer Rede in West Palm Beach im Bundesstaat Florida an seine Wähler gewandt. Der Sieg ist ihm rechnerisch kaum mehr zu nehmen.
Trump erklärte sich zum Auftakt zum neuen Präsidenten und sprach seinen Anhängern den Dank aus. Sie seien «die grösste politische Bewegung aller Zeiten». Zusammen mit seinem Team werde er dem Land helfen, «wieder gesund zu werden». Das Ergebnis werde «ein neues goldenes Zeitalter für Amerika» sein.
Mit dem Resultat habe die Republikanische Partei Geschichte geschrieben und «etwas Unglaubliches geschafft». Trump sprach davon, dass er nicht nur ein Mehr bei den Elektorenstimmen hole, sondern auch die Volksmehrheit erringen werde.
Einen politischen Sieg dieser Art habe das Land noch nie gesehen. Nun gehe es darum, aus den USA wieder «etwas Besonderes zu machen».
Trump kündigte zudem an, nun die Grenzsicherung gegen illegale Migranten umgehend an die Hand zu nehmen.
Trump vor dem Sieg: Nach North Carolina und Georgia gewinnt der Republikaner auch im swing state Pennsylvania. Damit gehen weitere 19 Elektorenstimmen an den Comeback-Politiker.
Im Moment führt Trump mit 265 Elektoren-Stimmen; er befindet sich fünf Stimmen vom Präsidentenamt entfernt. Die Demokratin Kamala Harris kommt auf 194 Stimmen.
Die Wahl läuft für Trump: Nach North Carolina gewinnt der Republikaner auch im swing state Georgia. Vor vier Jahren siegten dort Joe Bidens Demokraten überraschend, jetzt gehen die 16 Elektoren-Stimmen an Donald Trump.
Im Moment führt Trump mit total 246 Elektoren-Stimmen; die Demokratin Kamala Harris kommt auf 189 Stimmen. Wer mindestens 270 Stimmen hat, gewinnt. Die New York Times sieht die Gewinnchancen von Trump bei über 90 Prozent.
Amerikanische Wahlen: Der erste ausgezählte swing state geht an Donald Trump. Das war erwartet worden. Auch vor vier Jahren gewann der Republikaner die sechzehn Elektoren-Stimmen in North Carolina.
Im Moment führt Trump gemäss CNN mit total 227 Elektoren-Stimmen; die Demokratin Kamala Harris kommt auf 153 Stimmen. Wer mindestens 270 Stimmen hat, gewinnt.